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BILDUNGSPLEITE

Lehre hat in Österreich noch immer ein Image-Problem

Von Kurt Guggenbichler
30. Januar 2023
Lesezeit: 2 Min.

Dass österreichische Lehrlinge einen Mangel an Respekt und Anerkennung für ihre jeweilige Tätigkeit beklagen, wie dieser Tage zu hören und zu lesen war, ist die Schuld und das Versäumnis der bildungspolitisch Verantwortlichen in diesem Land. Das bestätigen auch heimische Unternehmer.

Diese forcierten schon seit Jahrzehnten die höhere Ausbildung, klagen viele Firmeninhaber im Verein mit Pädagogen, weshalb auch immer mehr „Deppen“ die akademische Ausbildung einschlugen und einschlagen, obwohl diese in einer handwerklichen Ausbildung oft besser aufgehoben wären.

Daher haben wir heute in manchem Bereich eine "Überakademisierung" mit Leuten, darunter viele, die dafür eigentlich gar nicht geeignet sind, heißt es.

Aus seinem eigenen Umfeld kennt jeder junge Leute, die mit 18 oft noch nicht wissen, was sie lernen wollen und sollen. Daher studieren sie erst einmal, sehr gern Betriebswirtschaft und gern auch auf einer Uni, die den heimlichen Ruf hat, bei Prüfungen nicht so streng zu sein. Nachdem sich einige dieser Herrschaften dann mit Ach und Krach durchs Studium geschlagen haben, lassen sie am Ende noch einen bezahlten Ghostwriter ihre Doktorarbeit schreiben oder schreiben sie der Einfachheit halber selber, wobei sie kräftige Anleihen an den Ergebnissen fremder Geistesarbeit nehmen.

Geld gibt’s schon fürs Lernen

Dabei hätten viele von diesen ungeeigneten Studenten sicher einen brauchbareren Handwerker abgegeben, sind Firmenchefs überzeugt, wie der FACC-Vorstandschef Robert Machtlinger, der seit Donnerstag der neue Vorsitzende der Initiative „Zukunft Lehre Österreich“ (ZLÖ) ist. Machtlinger ist überzeugt, dass sich unsere Volkswirtschaft ohne die Lehrlingsausbildung schwertäte, international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Auch unter dem finanziellen Aspekt ist eine Lehrlingsausbildung heute attraktiver als früher. Ein technischer Lehrling könne nämlich schon 57.000 Euro auf seinem Konto haben, wenn ein 19-jähriger HTL-Absolvent erst zu arbeiten beginne, rechnete schon vor einiger Zeit Reinhard Kos vor, seines Zeichens Personalchef der Firma „Welser Profile“. Zudem dauere es Jahre, bis die höher Ausgebildeten und Akademiker die Gehaltsvorsprünge auszugleichen vermögen, was letztlich auch Auswirkungen auf ihre Pensionszahlungen habe. 

In Oberösterreich entscheidet sich daher aktuell jeder zweite Jugendliche für eine Lehre, trotz des nicht sehr hohen Images, wie auch Doris Hummer, die Wirtschaftspräsidentin des Bundeslandes, bestätigt. Was das Ansehen betrifft, ist auf jeden Fall noch Luft nach oben, merkt auch das Market-Institut dazu an.

Applaus allein reicht nicht

Die Nachfrage nach Lehrlingen ist zumindest bei den Firmen ungebrochen, nicht zuletzt wegen des demografischen Wandels. Die Unternehmen buhlen regelrecht um Auszubildende, weiß auch Renate Scheichelbauer-Schuster, die Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handel in der österreichischen Wirtschaftskammer. Nach einer Auskunft des Arbeitsmarktservice kamen zuletzt 7.200 Suchende auf knapp 8.000 sofort verfügbare Lehrlingsstellen. Derzeit absolvieren 108.000 junge Leute in Österreich eine Lehre und etwa die Hälfte davon wird im Handwerk und Gewerbe ausgebildet.

Im Ausland scheint das Image unserer Lehrlinge auch sehr viel besser zu sein als in ihrem eigenen Land. Denn kürzlich reiste sogar US-Arbeitsminister Martin Walsh an und informierte sich in der Voestalpine in Linz interessiert über die Ausbildung der Lehrlinge.

Dass bei der Parlamentseröffnung in Wien, die am Umbau beteiligten Lehrlinge eingeladen waren und mit Sonderapplaus bedacht wurden, freut die Betroffenen, doch sind sie sich mit vielen Österreichern darin einig, dass die Politiker noch sehr viel mehr für die Aufwertung der Lehre tun müssen.

Zum Autor: Kurt Guggenbichler war Mitbegründer und Chefredakteur des „Wochenblick“. Sein journalistisches Handwerk hat er bei der „Goslarschen Zeitung“ in Norddeutschland erlernt, wo er acht Jahre lang als Redakteur, Reporter und Kolumnist tätig war. Wieder zurück in seiner Heimat, arbeitete Guggenbichler in der Funktion eines Ressortleiters dann 25 Jahre lang für die „Oberösterreichischen Nachrichten“. Zum „Wochenblick“ wechselte er einige Zeit nach seiner Tätigkeit als Chefredakteur der Tageszeitung „Oberösterreichs Neue“ und für AUF1-Info ist Guggenbichler nun als Nachrichten-Redakteur, Kommentator und Reporter im Einsatz.

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