Geheimnisvoll: Hans Modrow – der Mann, der nie Parteichef wurde

Von Martin Müller-Mertens
12. Februar 2023
Lesezeit: 1 Min.

Er war der wohl geheimnissvollste Spitzenfunktionär der DDR - und am Ende deren Konkursverwalter. Dabei sollte Hans Modrow wohl Generalsekretär der SED werden. Nach einem Putsch, der nie stattfand. Nun ist er im Alter von 95 Jahren verstorben.

Die Verschwörer tagten in Dresden. Wladimir Krjutschkow war erschienen, der stellvertretende Chef des sowjetischen Geheimdienstes KGB. Aber auch der "Mann ohne Gesicht" Markus Wolf, wenige Monate zuvor noch Leiter der elitären Stasi-Auslandsabteilung HVA. Nun, im Frühjahr 1987, planten die Schattenmänner ihren vielleicht größten Coup. Mit einem Putsch wollten sie den Gorbatschow-Gegner Erich Honecker an der Spitze der SED stürzen. Als Nachfolger vorgesehen: Hans Modrow, seit 1973 erster Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden.

Ob Modrow von den Plänen wußte, bleibt im Dunkeln. Das Treffen habe "am 4. März 1987 im Gästehaus der SED-Bezirksleitung Dresden auf dem Weißen Hirsch stattgefunden", bestätigte er nach der Wende. Doch dabei sei kein Staatsstreich besprochen worden. Sicher sind sich dagegen der frühere Berliner Parteichef Günter Schabowski und Gorbatschows Deutschland-Berater Valentin Falin.

Fest steht: Die frühere sächsische Residenzstadt war damals Schauplatz einer KGB-Intrige zur Absetzung der SED-Führung. Den DDR-Oberen war das nicht verborgen geblieben. So erhielten die Agenten der KGB-Residentur in der Angelikastraße keinen Zugang mehr zu örtlichen Stasiobjekten. Darunter auch der 1985 nach Dresden versetzte Hauptmann Wladimir Putin.

In den Augen der Putschisten bot sich Modrow als Honecker-Nachfolger durchaus an. Der 1928 in Pommern geborene Funktionär galt als persönlich integer und Gesprächsbereit gegenüber der kritischen Dresdner Intellektuellenszene. Doch zugleich auch als undurchschaubar.

Die Putschisten von Dresden blieben am Ende erfolglos. Nach Darstellung des Wolf-Vertrauten und Stasi-Oberstleutnant Günter Bohnsack fehlte die Unterstützung des Militärs.

Modrow kam schließlich doch nach Berlin. Am 18. November 1989 wurde er Ministerpräsident der DDR. Der Staat, dem er diente, war längst dem Untergang geweiht.


 

Wir sind unabhängig, weil Sie uns unterstützen!

AUF1 ist durch seine Zuseher finanziert. Wenn Ihnen unser Angebot gefällt, dann bitten wir Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten zu helfen. Nur mit dieser Hilfe können wir ein tägliches Programm aufrechterhalten und weiter ausbauen.

Der Zensur zum Trotz:

Folgen Sie uns auf Telegram (@auf1info) und tragen Sie sich jetzt in den zensurfreien Newsletter von AUF1 ein, um rechtzeitig vorzubauen: http://auf1.tv/newsletter