Ein Lichtermeer für Boris Pfeiffer in Wandlitz

Von Martin Müller-Mertens
26. Januar 2023
Lesezeit: 2 Min.

Es sind Hunderte, die am Dienstag schweigend durch Wandlitz im Landkreis Barnim in Brandenburg ziehen. Nur der Klang der Trommeln durchbricht die Stille des frühen Abends. Plötzlich stoppt der Zug. Aus kleinen Kerzen wächst ein Lichtermeer – an jenem Ort, an dem vor einem Jahr Boris Pfeiffer starb. Einen Polizeieinsatz gegen den Corona-Spaziergang am 24. Januar 2022 hatte der 53-jährige Musiker und ehemaliges Mitglied der Musikgruppe "In Extremo" nicht überlebt.

Abend der Gewalt

An diesem Dienstag hält sich die Polizei im Hintergrund. Vor einem Jahr war das anders. Mit Gewalt wollten Brandenburgs Behörden die wachsenden Corona-Proteste unterdrücken, so jedenfalls erinnern sich Teilnehmer. Eine Hundertschaft ging erst im acht Kilometer entfernten Bernau gegen eine angemeldete Demonstration vor. Dann fuhr sie nach Wandlitz, einer 23.000-Einwohner-Stadt direkt nördlich von Berlin. Markus Brendel, heute Versammlungsleiter des Gedenkens, war vor einem Jahr in Bernau mit dabei. Er spürte, was mit seinem Freund Boris Pfeiffer geschah.

„Ich hatte zuerst nur gehört, dass jemand gestorben ist, und wusste eigentlich sofort, dass das Boris war. Es tut natürlich weh, Freunde zu verlieren, und es ist sehr traurig, dass es zu solchen Situationen kommt. Dass die Beamten, die im Einsatz waren, nicht kompetent genug waren, mit der Situation anders umzugehen…“, erzählt er sichtlich bewegt.

Ob es fehlende Kompetenz oder eine absichtliche Eskalation war, konnte nie geklärt werden. Nach Darstellung der Behörden erlitt Pfeiffer einen Herzinfarkt, verstarb trotz sofortiger Hilfe im Krankenhaus. Eine Anwohnerin berichtete gegenüber AUF1.info jedoch von schweren Übergriffen der Polizei. Mehrere, vor allem ältere Spaziergänger seien kollabiert. Beamte hätten Pfeiffer rüde gestoßen.

Sah die Polizei einfach zu?

Nach Angaben von Augenzeugen leistete weder die Polizei noch die Besatzung eines vor Ort befindlichen Krankenwagens erste Hilfe. Erst nach einem privaten Notruf und mit großer Verspätung kam ein Rettungswagen – jedoch nicht von der nahegelegenen Rettungswache Wandlitz, sondern aus Bernau. Im Juni beendete die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen. Die Polizei, so hieß es, habe alles richtig gemacht. Seitdem herrscht Schweigen. „Es ist kein Interesse erkennbar, dass das irgendwie aufgeklärt wird oder dass man darüber spricht, was eventuell schiefgelaufen ist“, ist sich Brendel sicher.

Wandlitz war kein Einzelfall

Der Landtagsabgeordnete Lars Hünich, Mitglied im gerade konstituierten zweiten Corona-Untersuchungsausschuss, kennt viele solcher Berichte. „Wandlitz war in Brandenburg kein Einzelfall. Zum Glück sind nicht viele Menschen gestorben. Aber die Übergriffe der Polizei waren im Januar, Februar und März 2021 leider Gottes kein Einzelfall. Ich bin froh, dass heute Abend so viele Menschen gekommen sind, denn wir dürfen das nicht vergessen“, so der AfD-Politiker.

Das Unrecht einfach vertuschen, damit die Menschen vergessen – genau diese Strategie scheinen die Systemparteien im Wandlitzer Stadtrat zu verfolgen. „Die Protestierenden wollten eigentlich an der Stelle, an der Boris zu Tode kam, einen Gedenkstein errichten. Doch das wird von der Gemeinde nach wie vor abgelehnt“, sagt ein erboster Anwohner. Immer wieder habe Bürgermeister Oliver Borchert Blumen und Kerzen am Tatort „einfach abräumen lassen“.

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