Kurt Guggenbichler
Gezänk

Kulturhauptstadt: Streit um „richtige“ Präsentation von Bad Ischl

Von Kurt Guggenbichler
11. Februar 2023
Lesezeit: 2 Min.

Ab nächstes Jahr soll das oberösterreichische Bad Ischl im Salzkammergut als europäische Kulturhauptstadt reüssieren. Doch Streit und Gezänk um die „richtige“ Präsentation der ehemaligen kaiserlichen Sommerfrische gefährden den erhofften und erwünschten Erfolg, wie viele Bewohner befürchten.

Wir könnten uns lächerlich machen“, unkt der Gastwirt Siegfried Baumgartner, der am Kreuzplatz sein „Kuchltheater“ betreibt – direkt gegenüber vom Lehar-Theater, das wegen geplanter Umbauarbeiten schon eine Zeit geschlossen ist. Dass der Umbau bis zum Start des Kulturhauptstadt-Jahres am 19. Januar 2024 realisiert werden wird, bezweifelt er – und mit seinem Zweifeln ist er nicht allein.

Unzureichende Logistik

Die Veranstalter scheinen sich schon jetzt mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass die Auftaktveranstaltung möglicherweise im unbeheizten Lehar-Theater stattfinden muss. Doch dann wären auch die Toiletten geschlossen und die Besucher müssten ihre dringenden Bedürfnisse in den Lokalen der umliegenden Gaststätten verrichten, wie Elisabeth Schweeger in einer Regionalzeitung schwadronierte. Sie ist die künstlerische Leiterin des Kulturhauptstadt-Programms, das vielfach kritisiert wird.

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Irritierende Werbung für das Kulturhauptstadt-Jahr 2024 (Foto: Guggenbichler)

 

Wenig echtes Salzkammergut im Programm

Zwar gibt es bis jetzt noch kein gedrucktes Veranstaltungsprogramm, weshalb Interessierte im gut „versteckten“ Kulturhauptstadt-Büro vergeblich danach fragen und auf später vertröstet werden. „Die Organisatoren stehen vermutlich unter gewaltigem Zeitdruck“, vermutet Baumgartner und wegen der bislang fehlenden Gesprächskultur in der beschaulichen Kurstadt dürfte es den Veranstaltern schon sehr „unter den Nägeln brennen“ (so ein Stadtbewohner).

Denn auf Grund von kaum noch durchschaubarer Streitereien ist auch der geplante Neubau des dringend benötigten Hotels „Grand Elisabeth“ bislang nicht vorangekommen, was vor allem den Ischler Zuckerbäcker Philipp Zauner wurmt, der einer der Investoren ist.

Fehlendes Marketing-Konzept

Zu diesem Hotel sei auch ein Parkhaus geplant gewesen, das nun wohl auch nicht mehr zeitgerecht realisiert wird. „Wo aber sollen dann die zu erwartenden Besucher ihre Autos stehen lassen?“, fragen sich die Lokalbetreiber, die sich in das Kulturhauptstadt-Spektakel auch nicht wirklich eingebunden fühlen. Das betrifft auch die meisten Vereine, sagt Baumgartner, die das bislang erörterte Veranstaltungsprogramm nicht wirklich goutieren.

Vielen Vereinsvertretern – wie auch den anderen Einheimischen – fehlt vor allem ein Angebot, mit dem die Bedeutung einer so traditionsreichen Region wie dem Salzkammergut gut herausgestrichen werden könne, wie zum Beispiels mit der Entwicklung eines Kunstprojektes über die Faschingskultur oder das Narzissenfest.

Androsch kritisiert Projektleitung

Für den im steirischen Salzkammergut residierenden „Salzbaron“ Hannes Androsch ist das Programm „global-exotisch“ und mit diesem kann er sich auch nicht identifizieren. Aus diesem Grund verließ er auch verärgert Schweegers Kulturkomitee und nach wie vor wundert er sich, warum eine Ausstellung über das Salzkammergut unbedingt „Salt Lake City“ heißen muss. Das ist für ihn alles zu „amerikanisch“.

Das Interesse der Bevölkerung am Kulturhauptstadt-Jahr sei auch deshalb sehr gering, ist Androsch überzeugt, weil es bislang auch keine merkbare Umsetzung von „nachhaltigen Projekten“ in Ischl gibt. An den meisten Leuten gehe das Ganze jedenfalls spurlos vorbei und die landläufige Meinung sei, mit uns habe das nicht viel zu tun, bestätigt auch der Grafikdesigner Jörg Hoffmann, mit dem sich Unzufriedene um die Kulturhauptstadt-Konkurrenzplattform „Alternative 24“ scharen.

Hoffmann bestätigt die Streitereien von Schweeger mit Medien, Künstlern und ursprünglichen Projektanten, über die „drübergefahren“ wurde, weil der künstlerischen Leiterin die Konkurrenzfähigkeit und das Gespür für die Menschen fehlten. Die Gescholtene sieht das freilich anders und beharrt auf ihrem Kurs, was ihr in Ischl die nicht sehr schmeichelhafte, aber wohl treffende Bezeichnung „Potentatin“ (Gewalthaberin) eingebracht hat.

Zum Autor: Kurt Guggenbichler war Mitbegründer und Chefredakteur des „Wochenblick“. Sein journalistisches Handwerk hat er bei der „Goslarschen Zeitung“ in Norddeutschland erlernt, wo er acht Jahre lang als Redakteur, Reporter und Kolumnist tätig war. Wieder zurück in seiner Heimat, arbeitete Guggenbichler in der Funktion eines Ressortleiters dann 25 Jahre lang für die „Oberösterreichischen Nachrichten“. Zum „Wochenblick“ wechselte er einige Zeit nach seiner Tätigkeit als Chefredakteur der Tageszeitung „Oberösterreichs Neue“ und für AUF1-Info ist Guggenbichler nun als Nachrichten-Redakteur, Kommentator und Reporter im Einsatz.

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