Deutsches Tesla-Werk verbraucht mehr Wasser als eine Kleinstadt

Von Daniel Matissek
15. Februar 2023
Lesezeit: 3 Min.

Die Vorgänge um die „Tesla Gigafactory” in Grünheide bei Berlin nehmen immer stärker die Ausmaße einer kolonialen Landnahme an: Nicht nur, dass Natur und Anwohner schon in der Bauphase gegenüber dem politisch durchgepeitschten Prestigebau den Kürzeren zogen: Auch ihre elementaren Lebensbedürfnisse haben gegenüber der vermeintlich „klimafreundlichen” Zukunftstechnologie zurückzustehen.

Denn bekanntlich steht die Riesenfabrik in einem Trinkwasserschutzgebiet. Eigentlich sollten effizientes Wassermanagement, Aufbereitung und ressourcenschonende Produktionsabläufe etwaige Konflikte verhindern. Doch davon kann – genau wie Kritiker es früh vorhersahen – keine Rede sein: Durch den laufenden Betrieb und die Wasserentnahme wurde der Boden immer spröder und trockener, sodass Bäume einfach umfallen. Sandra Ponesky, Sprecherin des Wasserverbands Strausberg-Erkner (WSE) erklärt, dass die Fabrik so viel Wasser brauche, dass nicht mehr genug für alle vorhanden sei.

Wasser-Rationierung für alle

Deshalb musste bereits im letzten Jahr der Verbrauch für Neukunden auf 105 Liter pro Person und Tag gedeckelt werden. Diese Obergrenze soll in zwei Jahren für alle Privatverbraucher gelten. Der Durchschnittsverbrauch in Deutschland beträgt 130 Liter pro Person. Zwar muss sich auch Tesla mit weniger Wasser begnügen, allerdings sprach das Land Brandenburg der Fabrik immer noch 1,8 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr zu – so viel wie für eine Stadt mit 30.000 bis 40.000 Einwohnern.

Die 19 (!) Ausnahme-Genehmigungen, die das Landesamt für Umwelt bereits erteilt hat, rechtfertigt die Behörde damit, es wäre „geradezu weltfremd gewesen, einer der größten Industrieansiedlungen Deutschlands in der jüngeren Vergangenheit nicht eine angemessene Priorität einzuräumen“. Dies sei „gängige Praxis“, die Kapazitäten würden „im Sinne der Bürger“ eingesetzt.

Lokale Entwicklung durch Fabrik fällt aus – wegen Wasserknappheit

Brandenburg erhofft sich bis zu 12.000 Mitarbeiter, von denen sich viele in der Region ansiedeln. Doch all die Häuser, Geschäfte und Kitas, die gebaut werden sollen, müssen abgelehnt werden, weil kein Wasser dafür vorhanden ist. Laut dem Verband sei deshalb auch der geplante Werksausbau von Tesla unmöglich. Das Umweltamt beteuert dagegen, die Wasserversorgung sei „gesichert“, der Wasserverband könne einfach eine höhere Fördermenge beim Land beantragen.

Politik und Behörden haben sich Tesla offenbar völlig ausgeliefert. Als es im September in einer ohne Genehmigung errichteten Recycling-Anlage auf dem Gelände brannte, holte das Unternehmen den Antrag im Dezember nach. Mit Genehmigung des Umweltamtes überwacht Tesla inzwischen das Grundwasser unter der Fabrik gleich selbst. Die Klausel, dass der Wasserverband „in alle grundwasserrelevanten Fragestellungen einzubeziehen“ sei, wurde auf Druck des Konzerns gestrichen, der Verband erst Monate später darüber informiert.

Wie eine regionale Diktatur

Selbst dem Projekt bislang wohlgesinnte deutsche Medien, die über den geduldeten „Wasserfrevel” berichten, sehen die Machenschaften des E-Riesen inzwischen kritisch. Sie müssen erkennen, dass Tesla – mit massiver Unterstützung von Politik und Justiz – fast schon eine Art regionaler Diktatur errichtet hat, der sich Mensch und Tier unerbittlich zu fügen haben.

So wurden zur Errichtung der Fabrik seit Februar 2020 194 Hektar Wald „in Rekordzeit“ abgeholzt, wie Manuela Hoyer, die Mitbegründerin der „Bürgerinitiative Grünheide“, beklagt. Sämtliche Eilanträge gegen die Abholzung wurden abgelehnt, alle Proteste blieben wirkungslos, außer, dass der Bau der Fabrik um neun Monate verzögert wurde. Dann war jedoch kein Geld für Anwälte und Prozesse mehr übrig.

Artenvielfalt und Mikroklima zerstört

Tesla betont zwar, bereits 265 Hektar Wald aufgeforstet zu haben, der Waldökologe Jens Schröder stellt jedoch klar, dass die kleinen Bäume den über dreißig Jahre gewachsenen Wald in den nächsten Jahrzehnten niemals als Kohlenstoff-Speicher ersetzen können. Zudem seien durch die Abholzung von 160 Hektar Wald „knapp 2.500 Tonnen Kohlenstoff“ freigesetzt worden.

Durch den Verlust des Kiefernwaldes entfällt der Lebensraum für eine große Artenvielfalt, Schatten für den Boden in der staubtrockenen Region und die Kühlung der Luft durch Verdunstung. Schröder spricht von einer „Vernichtung der Schutzwirkung des Waldes“, Hoyer nennt es „menschengemachter Untergang der Natur“.

Von wegen „Heilsbringer”…

Denn zu alledem gibt es noch eine riesige Müllhalde, die offenbar ohne Schutz des Bodens errichtet wurde. Die Tiere, die Zuflucht vor der ersten Abholzung im jetzt noch bestehenden Waldgebiet gefunden haben, werden ein zweites Mal weichen müssen, wenn der Güterbahnhof gebaut wird.

In Brandenburg zeigt sich, wie sich ein Unternehmen eine ganze Region untertan machen kann, weil die Politik hofft, dies werde zu einem wirtschaftlichen Aufschwung führen. Dass die E-Autos, die Tesla auf dem Rücken von Mensch und Natur produziert, weit davon entfernt sind, der erhoffte Heilsbringer zu sein, blendet man offenbar lieber aus. Doch man muss befürchten, dass all diese Verwüstungen und Beeinträchtigungen am Ende buchstäblich ein Schlag ins Wasser gewesen sein werden, wenn alle Illusionen zerplatzt sind.

Zum Autor: Daniel Matissek ist Journalist mit pfälzischen Wurzeln, arbeitet neben für AUF1 auch für diverse deutschsprachige freie Medien (unter anderem „Journalistenwatch.com“). Gründungsherausgeber des Blogs „Ansage.org“. Schwerpunktthemen: Migrationspolitik, politischer Extremismus, Demokratie und Medienlandschaft. Freund differenzierter Zwischentöne, aber gerne auch leidenschaftlicher Polemiker. Devise: „Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos; es könnte aber auch umgekehrt sein.“

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