Droht auch den Österreichern bald so ein Schicksal, wie es viele englische Patienten derzeit in ihrem Heimatland erleben, wo sie vom eigenen, maroden Gesundheitssystem getötet werden? Experten befürchten es.
Wie in Großbritannien ist auch bei uns das Gesundheitssystem jahrelang kaputtgespart worden, was die Corona-Krise besonders deutlich machte. Daher müsste auch bei uns schleunigst gegengesteuert werden, doch die Regierung scheint es damit nicht eilig zu haben. Ein Ausbau der Bettenkapazität in den Intensivstationen ist trotz der Erkenntnisse, die man während der Pandemie in den Spitälern machte, bislang nicht erfolgt.
Hausgemachter Personalmangel
Es fehle am nötigen Pflegepersonal, heißt es. Nach den Erkenntnissen des emeritierten Universitätsprofessors Dr. Werner Waldhäusl ist der Pflegefachkräftemangel hausgemacht. Hätte man nicht das seit langem bewährte System der Betreuung durch die Familie, das jahrhundertelang gut funktionierte, permanent unterminiert, stünde unsere Gesellschaft heute besser da. Gelernt hat man daraus offenbar nichts, denn nun bemüht man sich, das alte System komplett zu zerschlagen, moniert Waldhäusl, was viel Geld kosten und das Pflegesystem wohl auch nicht verbessern werde.
Daher sollten lieber pflegende Familienangehörige mit finanziellen Zuwendungen stärker unterstützt werden, befinden auch andere, nicht regierungshörige Experten. Doch eingefahrene Strukturen zu ändern sei wesentlich mühsamer, als immer mehr Geld in ein überfordertes, ineffizientes System zu pumpen.
Krankes Gesundheitssystem
Im letzten Jahr wurden etwa 12,2 Prozent des BIP, das sind fast 50 Milliarden Euro, für das österreichische Gesundheitssystem ausgegeben – ein Budget, von dem unser Bundesheer nur träumen kann. Doch auch für das Gesundheitssystem seien die aufgewendeten Ausgaben zu hoch, eine Vergeudung und eigentlich auch nicht nötig, betonen Fachleute, weil man die Hausärzte stärker in die Krankenbehandlung einbinden könnte. Diese könnten nämlich bis zu 70 Prozent der regional üblichen Erkrankungen behandeln, würde es nicht auch an dieser Ärztespezies der Allgemeinmediziner fehlen und auch an Fachärzten mangeln.
Schnelle Behandlung ist Glückssache
Ein Welser Beamter (Name der Red. bekannt), der in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr bei einem Augenmediziner in Marchtrenk um einen Termin anfragte, wurde auf eine einjährige Wartezeit vertröstet. Nur weil dann überraschend ein Patient beim Augenarzt ausgefallen ist, bekam der Welser dann doch noch einen früheren Termin. „So wie es zurzeit bei unseren Ärzten aussieht, ist eine schnelle Behandlung reine Glückssache“, konstatiert er.
Auch für nicht akute Operationen gibt es derzeit lange Wartezeiten in den Krankenhäusern. Kommt bei uns jetzt vielleicht noch eine neue Pandemie dazu, fürchten Experten, werden wohl auch bei uns wie in England viele Menschen sterben – freilich weniger an der Krankheit, sondern eher am maroden Gesundheitssystem.
Zum Autor: Kurt Guggenbichler war Mitbegründer und Chefredakteur des „Wochenblick“. Sein journalistisches Handwerk hat er bei der „Goslarschen Zeitung“ in Norddeutschland erlernt, wo er acht Jahre lang als Redakteur, Reporter und Kolumnist tätig war. Wieder zurück in seiner Heimat, arbeitete Guggenbichler in der Funktion eines Ressortleiters dann 25 Jahre lang für die "Oberösterreichischen Nachrichten“. Zum Wochenblick wechselte er einige Zeit nach seiner Tätigkeit als Chefredakteur der Tageszeitung „Oberösterreichs Neue“ und für AUF1-Info ist Guggenbichler nun als Nachrichten-Redakteur, Kommentator und Reporter im Einsatz.