Bundesdeutsche Staatsbesuche in ehemaligen Kolonien des Deutschen Reiches gleichen grundsätzlich Pilgerfahrten postkolonialer Scham, bei denen deutsche Politiker in ihrer Paraderolle als schuldgebeugte Sünder glänzen. Keiner füllt diese besser aus als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der sich derzeit auf Staatsbesuch in Tansania befindet.
Ob Klimaschuld, Kriegsschuld, Kolonialschuld, Wohlstandsschuld – irgendein Anlass, das Scheckbuch zu zücken und den zeitlosen obligatorischen Ablasskult zu perpetuieren, findet sich für Steinmeier immer. Deutsche Politiker streuen sich entweder Asche für angebliche eigene Kolonialverbrechen aufs Haupt oder, wenn sich partout keines finden lässt, übernehmen sie die Mitschuld stellvertretend für die gesamte weiße Rasse.
Zeremonielle Rezeption
Sei es die fast schon zeremonielle Rezeption des angeblichen „Völkermords an den Herero“, an dessen historischem Hintergrund erhebliche Zweifel bestehen, oder die verzerrte Darstellung, Deutschland, das erst spät und nur für wenige Jahrzehnte Kolonien besaß, habe die betreffenden Länder zurückgeworfen (tatsächlich würdigen die dortigen Völker heute noch den zivilisatorischen Fortschritt durch die Deutschen, etwa in Namibia): Deutschland muss auch hier immerdar mörderischer, zerstörerischer Täter gewesen sein.
Die Phrasen sind wohlerprobt. So spricht sich Steinmeier wieder einmal für eine „gemeinsame Aufarbeitung der deutschen Kolonialherrschaft in Tansania” aus. Die Klaviatur versteht auch die Gegenseite perfekt zu spielen: Präsidentin Samia Suluhu Hassan erklärte, Tansania sei dazu bereit, „offizielle Verhandlungen zu beginnen, um zu sehen, wie wir mit dem kolonialen Erbe in unserem Land umgehen können".
Weichen sind gestellt
Steinmeier parierte: Deutschland sei bereit zur Zusammenarbeit, was auch „die Rückführung von Kulturgütern und menschlichen Überresten" einschließe. Steinmeier plädierte auch noch dafür, das Wissen über die Kolonialvergangenheit in Deutschland zu vergrößern. Außerdem drückte er seine Dankbarkeit dafür aus, dass ihn Nachkommen der Opfer des so genannten Maji-Maji-Krieges von 1905 und 1907 zum Gespräch eingeladen hätten. Dies sei „alles andere als eine Selbstverständlichkeit".
Damit ist die Richtung klar, die Weichen sind gestellt: Deutschland wird Millionen, wenn nicht Milliarden zahlen, um sich von behaupteten Kolonialverbrechen reinzuwaschen und Kulturgüter zurückgeben. Mit geschichtlichen Fakten und präziser, echter „Aufarbeitung“ haben diese rituellen symbolpolitischen Handlungen wenig zu tun.
Deutsche Realitätsblindheit
Denn den Nachkommen der „Opfer“ geht es – anders als den schuldsozialisierten Deutschen – nicht um die Restitution ihrer Ahnen vor fünf Generationen, sondern um schnöden Mammon in der Gegenwart. Die Realitätsblindheit der Deutschen für diese Erkenntnis ist nur noch peinlich und wohin sie führt, zeigte zuletzt die Rückgabe von „Benin-Bronzen“ am Nigeria durch Außenministerin und Kulturstaatsministerin Claudia Roth.
Voller Stolz und natürlich bar jeglichen historischen Wissens wollten die beiden grünen Totalausfälle erreichen, dass die Bronzen - und über 1.000 weitere Kunstgegenstände - „dem nigerianischen Volk“ in einem mit deutschem Steuergeld errichteten Museum zugänglich gemacht werden. „Dies ist eine Geschichte des europäischen Kolonialismus. Es ist eine Geschichte, in der unser Land eine dunkle Rolle spielte und in verschiedenen Teilen Afrikas großes Leid verursachte“, schwafelte Baerbock – obwohl Nigeria nie deutsche Kolonie war.
Frühe Form von „Black Lives Matter“
Tatsächlich waren die Skulpturen von den Briten im Rahmen einer Strafexpedition gegen das Königreich Benin erbeutet worden; diese war übrigens durchgeführt worden, um den Sklavenhandel Benins zu ahnden – eine erste Aktion von „Black Lives Matter“ quasi, ausgerechnet durch die heute verteufelten weißen Europäer.
Dass Schwarze selbst Sklavenjäger- und händler waren, passt natürlich nicht ins woke „antikolonialistische“ Weltbild, in dem ausschließlich Weißen die Schuld an jedem Verbrechen der Menschheitsgeschichte zukommt. Im Fall der Benin-Aktion kam es wie befürchtet: Nach der deutschen Rückgabe landeten die Bronzen im Privatbesitz des Königs von Benin – und die Ampel-Regierung war wieder einmal vor aller Welt als Witznummer entlarvt. Dass es im Fall Tansanias anders kommen wird, dafür steht der Beweis noch aus.