Trotz Hetze gegen Orbán: Deutsche Sprache ist tief verankert

Von AUF1-Redaktion
12. Dezember 2023
Lesezeit: 2 Min.

Dieser Beitrag von Rainer Ackermann erschien zuvor in der Budapester Zeitung

„Unsere Beziehungen haben so tiefe Wurzeln, dass man diese nicht nur aufgrund der aktuellen politischen Verhältnisse beurteilen sollte“, sagte Gergely Gulyás am Montag zum 50. Jahrestag der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Ungarn und Deutschland.

Auf einer Konferenz in Budapest zum Jubiläum sprach der Kanzleramtsminister von „guten und intensiven Beziehungen, die sich auf viele Bereiche des Lebens erstrecken“. Die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen noch zur Zeit des Kommunismus lenkte die Aufmerksamkeit der deutschen Wirtschaft ab den 1980er Jahren verstärkt auf die Ungarn. Gulyás stellte klar, das geflügelte Wort von „der lustigsten Baracke“ handelte davon, dass gewisse Elemente der Marktwirtschaft im Alltag Einzug fanden. Das mochte die Grundlage bilden für jene Sympathie, die dem nach der Systemwende freien Ungarn von Seiten der deutschen Investoren gezeigt wurde. Aber natürlich half dabei auch, dass die deutsche Sprache in der Kultur Ungarns tief verankert war.

Gesamtbild gar nicht so schlecht

Der Minister meinte, selbst wenn die politischen Beziehungen erst wieder besser werden müssten, könne man auf die über alle Geschichtswirren hinweg bestehende Freundschaft zwischen den beiden Völkern, auf ihre wirtschaftlichen und kulturellen Kontakte stolz sein. „Wir dürfen mit Recht stolz darauf sein, dass die Erziehung bei uns in Ungarn vom Kindergarten bis zur Doktorarbeit auf Deutsch erfolgen kann. Es gibt kein zweites Land in Europa, wo Deutsch nicht Amtssprache ist, das vergleichbare Möglichkeiten bietet.“

Ungarn sei an einer stabilen Bundesregierung und allseits guten Beziehungen gelegen, hielt Gulyás fest, der darum bat, im öffentlichen Diskurs sachlich zu bleiben. „Die Politik sollte sich diese starke sprachliche und kulturelle Bindung zunutze machen, statt zerstörerisch zu wirken. Aber wie sehr sich die destruktive Politik auch müht, das Gesamtbild ist gar nicht so schlecht, dass wir verbittert sein müssten.“

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Ungarns Kanzleramtsminister Gergely Gulyás, Screenshot Budapester Zeitung

Die Hauptsache sei, im Dialog zu bleiben

Von „guten Nachbarn ohne gemeinsame Grenze“ sprach Ursula Seiler-Albring, Botschafterin Deutschlands in Budapest zwischen 2003 und 2006. Gute Beziehungen könnten auch „vorübergehende Spannungen“ nicht ausschließen, aber die Hauptsache sei, miteinander im Dialog zu bleiben und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, mit denen beide Seiten leben können. Die frühere FDP-Politikerin erinnerte an „tausend sehr bewegte Jahre“, die Deutschland mit Ungarn verbinden, Jahre, die vor allem fruchtbringend und arm an Konflikten waren.

„Deutsche und Ungarn haben sich schon immer gut verstanden, und das ist auch heute so“, hielt Seiler-Albring fest. Sie fügte hinzu, hätte es vor zwei Jahrzehnten eine Erhebung zu den Sympathien für die Länder der Osterweiterung gegeben, wäre wahrscheinlich herausgekommen, dass sich die Deutschen am meisten über den Beitritt Ungarns zur EU freuen.

Da wuchs zusammen, was zusammengehört

Die heutige deutsche Botschafterin Julia Gross hob hervor, mit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen sei ein seit Jahrhunderten bestehendes Verhältnis zwischen den beiden Ländern „in Richtung der Normalität“ gelenkt worden. Sie wiederholte die Aussage, man könne Ungarns Rolle bei der deutschen Wiedervereinigung gar nicht hoch genug einschätzen: „Wir werden Ungarn dafür immer dankbar sein.“ Eine ähnliche Begeisterung zeigte sich in Deutschland und den zehn ehemaligen Ostblockstaaten 2004, als im Zuge der EU-Osterweiterung „zusammenwuchs, was zusammengehört“. Ungarn sei heute nicht von Feinden umgeben, sein Wohlstand untrennbar von jenem der übrigen EU-Mitgliedstaaten.

Entfremdung hat längst die Bürger erreicht

Ungarns Botschafter in Berlin, Péter Györkös, merkte gegenwartsbezogen kritischer an, man müsse mehr miteinander reden, der Dialog stocke. Die Entfremdung habe von der Politik ausgehend längst die Bürger erreicht. Bis zu den Europawahlen 2024 sehe er keine Chance für einen Neuanfang, die ungarische Ratspräsidentschaft im II. Halbjahr biete jedoch eine ausgezeichnete Gelegenheit.
 

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