ABLENKUNG?

Wagner-Putsch: Für hochrangige österreichische Ex-Militärs keine Finte

Von Kurt Guggenbichler
26. Juni 2023
Lesezeit: 2 Min.

Die Ereignisse in Russland am Wochenende waren kein Putsch-Theater: Da sind sich zumindest hochrangige österreichische Ex-Militärs einig. Sie glauben auch nicht an eine verdeckte Verlegung der Wagner-Gruppe nach Weißrussland, damit die Söldnertruppe von dort aus in die Ukraine einfallen kann, was u. a. der deutsche Ex-General Roland Kather vermutet. Zu dem Thema läuft auch eine aktuelle AUF1-Umfrage auf Telegram.

Würde es bei dieser „Flucht“ der Wagner-Gruppe ins weißrussische „Exil“ tatsächlich um ein operatives Täuschungsmanöver handeln, wäre dies von Beobachtungssatelliten längst entdeckt worden, glaubt der frühere Generalstabschef des österreichischen Bundesheeres, Edmund Entacher. Eine 25.000 Mann starke Söldnertruppe könne nicht ungesehen bewegt und verpflegt werden.

Prigoschin wird keine Rolle mehr spielen

Der ehemalige Bundesheer-Brigadier Josef Paul Puntigam, der im seinerzeitigen Jugoslawien-Krieg Österreichs Grenzen schützte, ist der Ansicht, dass sich die Wagner-Gruppe bereits in Auflösung befinde und dass ihr Kommandeur Jewgeni Prigoschin künftig keine wesentliche Rolle mehr spielen wird.

Für Puntigam ist der Wagner-Chef „eine Art Wallenstein“, nur ohne dessen Geschick. Sein Zorn über die unfähige russische Armeeführung sei echt gewesen, vermutet der Brigadier, auch wenn sein ehemaliger Berufskollege Entacher die banale Streiterei von Prigoschin mit der Armeeführung wegen fehlender Munition nicht glauben will.

„Ich habe da eine andere Vermutung“, sagt Entacher: „Ich glaube, die Ukrainer haben viele Munitionslager der Russen zerstört, sodass auch die Wagner-Truppe auf dem Trockenen saß. Und bis wieder neue Munition da war, konnte es dann schon 14 Tage dauern.“

Ex-Generalstabschef warnt davor, russische Armee zu unterschätzen

Der Schlendrian in der russischen Armee ist bekannt, dennoch warnt Entacher davor, diese zu unterschätzen. Denn 2014, als sie sich die Krim einverleibte, war sie erfolgreich. Andererseits sei es unverständlich, dass die Armeeführung trotz Warnung ihres Geheimdienstes die Ukraine mit nur 200.000 Soldaten angegriffen hat, obwohl dieses Land bekanntermaßen dreimal so groß wie Deutschland ist.

Wird der Ukraine-Krieg mit einem Patt enden?

Obwohl Präsident Putin strategisch auf dem längeren Ast sitzt, wie Puntigam betont, glauben weder er noch Entacher, dass die Russen oder sogar Ukrainer diesen Krieg gewinnen werden. 

Davon ist auch der langjährige Heeresnachrichtenamt-Mitarbeiter und frühere OSZE-Beobachter Norbert Baldia überzeugt. Er war viel in Georgien, Armenien und Aserbeidschan unterwegs und kennt auch die Krim. 2019 war er gerade in Odessa, als es schon erste Vorzeichen auf den bevorstehenden Konflikt gab, weshalb Baldia seine Mission dort vorzeitig abbrechen musste.

„Never-Ending-Story“ – Parallelen zum Krieg Irak-Iran?

„Dieser Krieg hat das Zeug dazu, zu einer Never-Ending-Story zu werden“, merkt er an. Die Russen haben sich an der Front gut und tief eingegraben und pflegen dort den Stellungskrieg.

„Und die Ukrainer verheizen dort zurzeit ihre besten Leute“, sinniert Puntigam, „aber es wird keine Seite gelingen, entscheidende Geländegewinne zu erzielen.“

„Irgendwann werden beide Seiten so erschöpft sein und der Krieg mit einer Patt-Situation zu Ende gehen“, konstatiert Entacher.

Zum Autor: Kurt Guggenbichler war Mitbegründer und Chefredakteur des „Wochenblick“. Sein journalistisches Handwerk hat er bei der „Goslarschen Zeitung“ in Norddeutschland erlernt, wo er acht Jahre lang als Redakteur, Reporter und Kolumnist tätig war. Wieder zurück in seiner Heimat, arbeitete Guggenbichler in der Funktion eines Ressortleiters dann 25 Jahre lang für die „Oberösterreichischen Nachrichten“. Zum „Wochenblick“ wechselte er einige Zeit nach seiner Tätigkeit als Chefredakteur der Tageszeitung „Oberösterreichs Neue“ und für AUF1-Info ist Guggenbichler nun als Nachrichten-Redakteur, Kommentator und Reporter im Einsatz.

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