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Kommentar

Souverän: Wenn das Volk entscheidet, nicht NATO oder Kreml

Von Raphael Mayrhofer
29. Januar 2023
Lesezeit: 2 Min.

Mit seiner Aussage, die Bundesrepublik Deutschland sei nicht souverän, hat der russische Präsident Putin aufhorchen lassen. Er hat recht, wenn er sagt, dass die BRD kein unabhängiger Staat sei und sich auf deutschem Boden bis heute US-Besatzungstruppen befänden. Allerdings ändert das nichts daran, dass sich „seine Truppen“ – ebenso widerrechtlich – auf ukrainischem Boden aufhalten.

Was heißt Souveränität? Die unabhängige Entscheidungsgewalt zu besitzen. Nach dem Staatsrechtler Carl Schmitt ist derjenige souverän, der „über den Ausnahmezustand entscheidet.“ Ein Krieg und die Beteiligung an diesem ist sicherlich ein solcher Ausnahmezustand. Doch entscheidet die Bundesrepublik hier unabhängig?

Deutschland unter der NATO

Seit 1955 ist die Bundesrepublik Teil der NATO. Der Beitritt zum Nordatlantik-Pakt erfolgte jedoch nicht im Rahmen einer Volksabstimmung. Das deutsche Volk durfte – ebenso wenig wie beim EU-Beitritt – nicht souverän über die Mitgliedschaft entscheiden. Den Zweck der NATO umriss ihr erster Generalsekretär, Lord Ismay, mit den Worten: „die Amerikaner drinnen, die Russen draußen und die Deutschen unten zu halten.“

Eine klare Zielsetzung, die kaum Fragen offenlässt. Europa sollte an den Westen und damit die USA gebunden, Deutschland von eigenständigen Schritten abgehalten werden. Souveränität sieht anders aus.

Legale Überwachung

Auch bei der Frage der Überwachung. So kritisiert der renommierte Historiker Josef Foschepoth etwa das „Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut“. Dieses ermögliche den USA die Einsicht in die gesamte bundesdeutsche Kommunikation. Völlig legal und ohne Grenzen. Auch im Falle des sogenannten NSA-Skandals.

Der US-amerikanische Aufdecker Edward Snowden enthüllte 2013, dass der Auslandsgeheimdienst der USA jahrelang das deutsche Volk überwacht hatte. Laut Foschepoth auf Grundlage des „Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut“: „Beide Seiten sind verpflichtet, alle Informationen, die der Sicherheit der einen oder der anderen oder der gemeinsamen Sicherheit dienen, unmittelbar zur Verfügung zu stellen.“ Ein Freifahrtschein für den US-Überwachungsapparat.

„Seit 1945 nicht mehr souverän“

Dieses Zusatzabkommen, so Foschepoth, ermögliche es den alliierten Mächten sogar, in das bundesdeutsche System der Strafverfolgung einzugreifen. Auch juristisch ist die BRD demnach nicht souverän. Ein Umstand, der auch bundesdeutschen Politikern bewusst sein dürfte. So sagte der ehemalige Finanzminister, Wolfgang Schäuble, 2011 am Europäischen Bankenkongress: „Und wir in Deutschland sind seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen.“ Das bezeugen auch die knapp 35.000 US-Militärangehörigen, die sich aktuell in der BRD aufhalten.

Putin hat somit recht. Die BRD ist nicht souverän. Das gilt auch im Hinblick auf den Ukraine-Krieg. Denn ein souveränes Volk entscheidet selbst, ob es sich an einem Krieg beteiligen will. Und wenn ja, wie und auf welcher Seite. Dass das deutsche Volk jedoch keinen Krieg möchte, bestätigen zahlreiche Umfragen.

Souveränität für die Ukraine

Putins korrekte Aussagen dürfen allerdings nicht über eines hinwegtäuschen: Auch „seine Truppen“ befinden sich widerrechtlich auf ukrainischem Boden. Seit der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahr 1991 versucht sowohl die NATO als auch Russland ihren Einfluss auf das Land auszuweiten. Spätestens seit den Ereignissen rund um den Euromaidan im Jahr 2014 ist offensichtlich, dass die Ukraine immer mehr zu einem Spielball fremder Mächte verkommt. Der ehemalige CIA-Angehörige Ray McGovern fand dafür klare Worte, als er sagte: „Es war ein vom Westen gesponserter Putsch.“

Doch nicht nur fremde Staaten, auch globalistische Institutionen haben ein Auge auf den rohstoffreichen Riesenstaat geworfen. So setzte der Internationale Währungsfonds (IWF) 2020 eine seiner zentralen Forderungen in der Ukraine durch. Eine Mehrheit der ukrainischen Abgeordneten stimmte für ein neues Bodengesetz. Dieses ermöglicht es ausländischen Banken nun, Ackerland in der Ukraine zu erwerben. Präsident Selenski hatte sich damals für das Gesetz ausgesprochen. Auch das eine Preisgabe der nationalen Souveränität.

Nicht Ost, nicht West – souverän!

So zeigt sich in Deutschland und der Ukraine gleichermaßen: Souverän ist, wenn das Volk im eigenen Interesse entscheidet. Nicht, wenn fremde Mächte über Volk und Land entscheiden. Egal ob diese Mächte fremde Staaten, private Großkonzerne oder globalistische Institutionen sind.

Wer sich für die nationale Selbstbestimmung der Völker ausspricht, darf nicht zwischen zwei Übeln wählen. Er muss jede Form des Imperialismus ablehnen. Egal ob dieser aus dem Osten oder Westen kommt. Egal ob es sich um militärischen, ökonomischen, politischen, kulturellen, demografischen oder religiösen Imperialismus handelt.

Zum Autor: Raphael Mayrhofer ist seit vielen Jahren für zahlreiche Alternativmedien tätig. Als Redakteur und Medienfachmann begleitete er den „Wochenblick“ ab seiner Gründung. Seinen Fokus legt der studierte Publizist dabei auf die Themenbereiche Souveränität, Identität, Nachhaltigkeit und Solidarität. Seit 2022 kümmert sich Mayrhofer als leitender Redakteur um das Format „Gesund AUF1“.

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