Kriegsallianz

Neutralität ausgehöhlt: Irland auf dem Schleichweg in die NATO

Von Martin Müller-Mertens
9. März 2023
Lesezeit: 2 Min.

Als einer von wenigen EU-Staaten ist Irland nicht Mitglied der NATO. Doch die Neutralität ist dem Establishment in der Hauptstadt Dublin ein Dorn im Auge. Das Land „war niemals moralisch, ethisch und politisch neutral“, betonte etwa der damalige Außenminister Simon Coveney nach Beginn des Ukraine-Krieges. Einen offiziellen Beitritt zur US-geführten Kriegsallianz scheuen die Globalisten auf der grünen Insel – und setzen offenbar auf einen Umweg.

Als offene Lobbyisten für eine NATO-Mitgliedschaft treten bislang vor allem die Regierungsparteien Fianna Fáil und Fine Gael auf, die jedoch um ihre Parlamentsmehrheit bangen müssen. Führend in Umfragen ist derzeit Sinn Féin. In früheren Jahren forderte die Partei eine Zerschlagung der NATO, reagiert mittlerweile jedoch schmallippig auf das Thema. Ohnehin wurde die Neutralität bereits in der Vergangenheit ausgehöhlt. So dient der Flughafen Shannon als Drehkreuz der US-Streitkräfte. 

Keine Mehrheit für NATO-Beitritt

Voraussetzung für den Beitritt wäre eine Volksabstimmung. „Die Art und Weise, wie die Neutralität und die NATO-Mitgliedschaft dargestellt werden, könnte für das Ergebnis des Referendums ausschlaggebend sein“, sagt Claire Cogan vom Meinungsforschungsinstitut „BehaviourWise“. Gemeint ist offenbar: Vor einer Abstimmung müssen die Iren propagandistisch auf NATO-Kurs gebracht werden. Dies versuchte Europaminister Thomas Byrne im Herbst ironischerweise mit einem Vergleich von Nord Stream und den über Irland verlaufenden transatlantischen Internet-Verbindungen: „Wir müssen unsere Kabel verteidigen.“

Von ihrem Ziel sind die Apparatschiks jedoch noch weit entfernt. Nahezu alle Erhebungen ergaben im vergangenen Jahr eine klare Ablehnung der Kriegsallianz. Jedoch konnten sich 46 Prozent zumindest eine Abstimmung über eine EU-Armee vorstellen. 

Establishment setzt auf EU-Armee

Über den Umweg der Europäischen Union könnte das Dubliner Establishment die Neutralität nun aushebeln. Geplant ist die Beteiligung an der „Schnellen Eingreiftruppe“ (Rapid Deployment Capacity). Das System soll es Brüssel erlauben, „eine modulare Truppe von bis zu 5.000 Einsatzkräften, einschließlich Land-, Luft- und Seekomponenten, schnell einzusetzen“. 

Zudem beschloss die Regierung Ende Februar die Beteiligung an einer EU-Militärhilfe-Mission für die Ukraine. Mit 30 Soldaten wird der Beitrag Dublins dabei zunächst eher symbolisch ausfallen. Nach den Worten von Verteidigungsminister Micheál Martin geht es jedoch um „wichtige Ausbildungsunterstützung“. 

An Washingtons Seite

Bislang spielte das 8.000 Mann umfassende Militär in Irland keine große Rolle. Die Verteidigungsausgaben lagen im Jahr 2020 bei nur 0,3 Prozent und damit niedriger als in allen anderen EU-Staaten. 

Historisch ist die irische Neutralität kein Versuch, sich der US-Vorherrschaft zu entziehen – sondern entstand aus Ressentiments gegenüber der einstigen Kolonialmacht Großbritannien. Nach Auffassung von Daniel Keohane, Sicherheitsexperte an der Universität Dublin, setzt Irland durchaus auf Washington. Jedoch eher informell, aufgrund eines „besonderen Verhältnisses“, das „auf kulturellen und zwischenmenschlichen Beziehungen basiert“.

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