Demokratie hält Regierungsversagen vermutlich nicht mehr lange aus

Von Kurt Guggenbichler
14. März 2023
Lesezeit: 2 Min.

Wie lange werden die Österreicher das Staatsversagen ihrer Regierung noch ertragen? „Wenn das so weitergeht, dann müssen wir uns fragen, ob das noch unsere Demokratie ist“, erklärte die Demokratie- und Partizipationsforscherin Martina Zandonella anlässlich eines Vortrags zu diesem Thema vorige Woche in Linz.

Eine Umfrage ihres SORA-Instituts, bei dem Zandonella als „Senior Researcher“ beschäftigt ist, hat ergeben, dass nur mehr ein Drittel der Österreicher denkt, „dass unser politisches System gut funktioniert“.

Rebelliert Prekariat?

Dies sei auch das Resultat von Versprechen, die ständig gebrochen werden, erläuterte die Vortragende und verwies darauf, dass dies vor allem vom „unteren Einkommensdrittel“ in diesem Land so gesehen wird. Darunter sind jene Menschen zu finden, auf die die Untätigkeit dieser Regierung unmittelbare und spürbare Auswirkungen hat und diese Gruppe wird auch immer größer.

Weitere Belastungen folgen

Bislang sind den Regierenden keine entscheidenden Erfolge in der Teuerungsbekämpfung gelungen, obwohl die hohen Preise für Lebensmittel vor allem „hausgemacht“ sind, wie Wirtschaftsfachleute vom Institut „Momentum“ kürzlich erklären ließen. „Gerade in den letzten Monaten flossen Aufschläge vermehrt in höhere Profite“, hieß es.

Als nächstes werden die Österreicher mehr Miete zahlen müssen, wenn es der Regierung nicht noch vor dem 1. April gelingt, gemeinsam und erfolgreich die Mietpreisbremse zu ziehen.

Wachsende Armutsgefährdung

Sollte auch auf diesem Sektor nichts passieren, schreitet die Verarmung der Bevölkerung weiter und rapide voran, ist die gebürtige Linzerin Daniela Brodesser überzeugt. Kürzlich hat sie in ihrer Heimatstadt ihr Buch über die Armut präsentiert. Durch die Erkrankung ihres Jüngsten und ihres Ehemannes erfährt die Mutter von vier Kindern gerade am eigenen Leib, was es heißt, arm zu sein. Dies hat sie sich wohl von der Seele schreiben müssen. Gleichzeitig will sie damit auch zu Veränderungen aufrufen. In Österreich sind schon 17,3 Prozent aller Haushalte armutsgefährdet, und es sei heute viel wahrscheinlicher, dass du in die Armut abrutschst, als dass du einen sozialen Aufstieg hast, glaubt Brodesser.

Regierende als Anwalt der Reichen

„Seit den 1990er-Jahren geht die Schere zwischen Arm und Reich auseinander“, bestätigt Martina Zandonella und konstatiert: Die Vermögensungleichheit ist ziemlich hoch und durch die Krisen noch verschärft worden. Zudem habe man in der Vergangenheit prinzipiell immer nur die Anliegen der oberen Einkommensgruppen im Parlament durchgesetzt! Zandonella erinnerte auch daran, dass es seit den Anfängen der Demokratie in der Antike noch keiner Gruppe gelungen sei, ihre Rechte ohne Zwangsmaßnahmen zu bekommen: „Sie mussten sich alle alles erkämpfen.“

„Was bedeutet das für Österreich?“, fragte AUF1.INFO die Demokratieforscherin. „Das ist die Frage“, entgegnete die 45-Jährige nachdenklich, obwohl ihre vorangegangenen Maßnahmen nur den einen Schluss zulassen: Nur mit demokratischen Mitteln dürfte es auch bei uns kaum noch möglich sein, entscheidend etwas zu verändern.

Zum Autor: Kurt Guggenbichler war Mitbegründer und Chefredakteur des „Wochenblick“. Sein journalistisches Handwerk hat er bei der „Goslarschen Zeitung“ in Norddeutschland erlernt, wo er acht Jahre lang als Redakteur, Reporter und Kolumnist tätig war. Wieder zurück in seiner Heimat, arbeitete Guggenbichler in der Funktion eines Ressortleiters dann 25 Jahre lang für die „Oberösterreichischen Nachrichten“. Zum „Wochenblick“ wechselte er einige Zeit nach seiner Tätigkeit als Chefredakteur der Tageszeitung „Oberösterreichs Neue“ und für AUF1-Info ist Guggenbichler nun als Nachrichten-Redakteur, Kommentator und Reporter im Einsatz.

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