Bargeld-Crash in Nigeria: Regierung entwertete Geldscheine

Von Kornelia Kirchweger
9. Februar 2023
Lesezeit: 2 Min.

In Nigeria herrscht Chaos. Die Regierung hatte im Oktober beschlossen, 200-, 500- und 1000-Naira Banknoten per 31. Januar 2023 zu entwerten. Bis dahin sollte man das alte gegen neues Geld umtauschen können. Das funktioniert nicht. Es kam zum „Bargeldsturm“. 

Die Banken limitierten die Abhebung bei den Bankomaten, in den Filialen gibt es nicht genüg Banknoten. Zwei Drittel der Nigerianer haben kein Konto. Ihr Geld bunkern sie zu Hause. Auch die ganz Reichen, für korrupte Machenschaften. Die Geldbündel sind jetzt nichts mehr wert. Die Umtauschfrist wurde auf Druck von Präsident Muhammadu Buhari von 31. Januar auf 10. Februar verlängert.

Mögliche Wahl-Sabotage

Es wäre Zeit genug gewesen, die Banken mit dem neuen Geld auszurüsten. Denn die Reform war im Oktober angekündigt worden – um die Korruption zu bekämpfen. Man will die Geldflüsse kontrollieren. Denn wer Bargeld hat, ist frei und kann sich alles kaufen. Auch Stimmen. Am 25. Februar wird ein neuer Präsident gewählt. Das dürfte mit ein Grund für die Umstellung sein. Beobachter vermuten eine Verschwörung, um die Wahl zu sabotieren oder zu verzögern. Die neuen Scheine werden möglicherweise gezielt von den Banken zurückgehalten. Präsident Buhari, Mitglied der Regierungspartei APC („All Progressives Congress“), ließ das anklingen und sprach von „Geldgier und Ineffizienz der Banken“. Die Zentralbank will jetzt zusätzlich 30.000 Leute ausschicken, die als „mobile Bankomaten“ zu den Menschen am Land gehen. In Nigeria haben nur 35 Prozent der Frauen und 47 Prozent der Männer ein Bankkonto. „Digitalgeld“ ist das neue Zauberwort.

Nackt-Protest in Bankfiliale

In den Städten kommt es bereits zu Unruhen. Dramatische Szenen spielten sich in der Hauptstadt Lagos ab. Menschen standen in brütender Hitze stundenlang in Schlangen vor den Bankomaten, die kein Geld mehr ausgaben. Man darf maximal 43 US-Dollar abheben. Viele Pendler stecken fest. Fahrkarten für die Heimreise bezahlen sie üblicherweise bar. Das geht jetzt nicht. An den Tankstellen spielt sich dasselbe ab. Menschen schlafen in ihren Autos, um wenigstens ein paar Liter Benzin zu ergattern. Die Benzin-Knappheit hält das Land schon seit Wochen in Atem. In den Bankfilialen schickte man die Menschen wieder weg. Ein Mann zog sich in einer Filiale splitternackt aus und verlangte laut weinend sein Geld.

Neues Geld kostet

Die Banken verlangen mittlerweile 10 bis 20 Prozent Kommission für die Ausgabe des neuen Geldes. Die Menschen müssen sich also ihr Geld „zurückkaufen“. Auch darauf weist Buharis Kritik hin. Digitale Zahlung soll generell vorangetrieben werden. In den Städten ist sie schon mehr verbreitet. Weil bequem... Oft schicken Mütter ihren Kindern kleine Geldsummen aufs Mobiltelefon, damit sie etwas Essen kaufen oder den Bus nehmen können. Auch in den Geschäften und an Tankstellen bezahlt man vielfach digital. Doch auch das ging nicht mehr. Offenbar waren die Server überlastet. Die Überweisungen gingen gar nicht oder oft Stunden später durch.

Geldputsch trifft Arme

Trotz drohender sozialer Aufstände sprach Finanzministerin Zainab Ahmed von einem „Erfolg“. Man habe mit dieser Reform Billionen Naira Bargeld zurück in das Bankensystem gebracht. In Nigeria kursieren außerhalb der Banken Bargeldmengen im Wert von 2,7 Billionen Naira (5,84 Mrd. US-Dollar). Nicht nur einfache Menschen horten das Geld mangels Zugang zu einem Bankkonto zu Hause – auch die sogenannten „Eliten“, die damit vielfach ihre korrupten Machenschaften finanzieren. Dazu gehören wirtschaftliche und politische Einflussnahme und – nicht zuletzt – Stimmenkauf bei Wahlen. Das hat die regierende Partei „All Progressives Congress“ (APC) wohl verhindern wollen. Nun soll es „Digitalgeld“ geben. Es ermöglicht die totale Kontrolle aller Geldflüsse. Die Reichen und Schönen in Nigeria werden auch da einen Ausweg finden. Nicht so die armen Menschen, die im informellen Sektor arbeiten und nur dort überleben können. Dort heißt es: „Nur Bares ist Wahres.“

Zum Autor: Kornelia Kirchweger war Journalistin bei „Austria Presse Agentur“, Bundespressedienst, „BBC“, „Asahi Shimbun“. Fokus: EU, Asien, USA, Afrika. Seit 2016 beim „Wochenblick“. Rockte die sozialen Medien mit ihrem offenen Brief an Greta Thunberg und machte gegen den UNO-Migrationspakt mobil.

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