Er war einer der schillerndsten und zugleich umstrittensten Politiker Italiens: Silvio Berlusconi ist heute Vormittag in Mailand im Alter von 86 Jahren verstorben. Der viermalige Ministerpräsident Italiens, genannt der „Cavaliere“ („Ritter“), gilt als ein Wegbereiter einer patriotischen Wende in Europa und hat Italien in der Nachkriegszeit geprägt wie kein anderer Politiker des Landes.
Gemeinsam mit der „Alleanza Nazionale“ von Gianfranco Fini und der „Lega Nord“ von Umberto Bossi gelang es dem populären Medienzar 1994 mit seiner Partei „Forza Italia“ eine rechte Regierung zu bilden und somit erstmals nach 1945 die linke Phalanx zu durchbrechen. Die aktuelle Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wurde unter dem „Cavaliere“ 2008 erstmals Ministerin und begründete so ihre Karriere als Rechtspolitikerin.
Stabile Koalitionsregierung
Als Regierungschef galt Berlusconi als Meister der Stabilität im chronisch instabilen Italien und schaffte es von 2001 bis 2006 eine volle Legislaturperiode im Amt zu bleiben. Eine absolute Ausnahme! Der Politiker verfügte außerdem über eine seltene politische Integrationskraft: In seinen Reihen vereinigte er Mitstreiter aus der Mitte bis ganz rechts – unter ihm dienten in der Forza Italia ehemalige Christ- und Sozialdemokraten, außerdem Wirtschaftsfachleute seiner Firmen und Stars seiner Fernsehsender.
Berlusconi viermal wiedergewählt
Das Wahlvolk belohnte diese Strategie: Berlusconi wurde insgesamt viermal wiedergewählt. Ab 2011 allerdings, als der Regierungschef im Zuge der Finanzkrise zurücktreten musste, gelang ihm kein Gewinn eines Amtes mehr. Berlusconi, der in seiner Jugend als Conférencier und Verkäufer arbeitete, legte eine klassische „Tellerwäsche-Karriere“ bis zum Milliardär hin. Der schillernde Politiker polarisierte mehr als jeder Konkurrent und prägte auch das öffentliche Leben Italiens – so holte er mit seinem Club AC Mailand fünf Mal den Champions-League-Pokal.
Sex-Partys & Skandale
Die politische und wirtschaftliche Karriere des Cavaliere wurde von zahlreichen Skandalen überschattet: So wurden ihm in über 20 Gerichtsprozessen unter anderem Geschäfte mit der Mafia vorgeworfen. Durch sein enormes Vermögen konnte der Cavaliere allerdings stets die besten Anwälte engagieren und gewann so jede juristische Auseinandersetzung. Auch seine persönliche Freundschaft mit Wladimir Putin sorgte vor allem in letzter Zeit für einige Dissonanzen, da Berlusconi nach dem Einmarsch der Russen in die Ukraine für Moskau Partei ergriff.
Tödliche Leukämie
Berlusconis schwere gesundheitliche Probleme hatten sich in den letzten Jahren und Monaten angekündigt: 2016 bereits wurde er am Herzen operiert und trug einen Schrittmacher. Im April 2023 musste er sich wegen einer Lungenentzündung, wohl Folge einer Leukämie-Erkrankung, wiederholt in stationäre Behandlung begeben. Silvio Berlusconi verstarb am 12. Juni im Krankenhaus Ospedale San Raffaele im Mailänder Stadtteil Segrate.