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Kommentar

Absurde Justiz: Leben wir wirklich noch in einem Rechtsstaat?

Von Kurt Guggenbichler
13. September 2023
Lesezeit: 2 Min.

Radler, die ein Kind umfahren, können daraus noch Kapital schlagen, wenn der Vater des angefahrenen Sprösslings die Szene filmt und diese ins Internet stellt. Dann muss der Vater zahlen und nicht der Radfahrer, wenn er glaubhaft macht, dass das Anfahren nicht mit Absicht geschah.

Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen! Man könnte auch sagen, die Opfer bestraft man und den Tätern passiert nicht nur nichts, diese profitieren auch noch von ihrem Fehlverhalten. Das scheint nach wie vor gängige Praxis des Justizsystems zu sein, hüben wie drüben, also in Deutschland wie auch in Österreich.

In Österreich machte dies zuletzt der Fall des ehemaligen Burgschauspielers Florian Teichtmeister deutlich, der auf Grund der Gesetzgebungslage als freier Mann aus dem Gerichtssaal spazieren konnte, wie auch AUF1 berichtete. 

Strafrahmen mehr als fraglich

Ein simpler Hendldieb, wieder bildlich gesprochen, oder auch Träger politisch anstößiger Tätowierungen wandert unerbittlich ins Gefängnis, soll heißen: Verstöße gegen Leib und Leben, werden von unserer Justiz nach wie vor milder bestraft als Diebstähle, Banküberfälle, Unterschlagungen etc. oder Verstöße gegen das stalinistische NS-Verbotsgesetz. Dessen Strafrahmen von 1-20 Jahren, beim §3a auch lebenslänglich (!), wünscht sich so manch rechtschaffener Bürger für die Kinderschänder hierzulande. Diese haben jedoch im Gegensatz zu vermeintlichen und tatsächlichen NS-Nostalgikern von Polizei und Justiz kaum etwas zu befürchten.

Absurd: Teichtmeister könnte Schadenersatz fordern

Diese Tatsache hat es Teichtmeister letztlich auch ermöglicht, nicht einsitzen zu müssen. Um es klar zu sagen: Der Baby- und Kinderpornobilder-Sammler Teichtmeister hat kein Kind vergewaltigt, aber nach Aussagen seiner psychologischen Gutachter wäre er in hohem Maß geeignet dafür, weshalb eine Behandlungshaft für ihn angemessen gewesen wäre, wie viele Menschen meinen.

Wenn Teichtmeister wollte, könnte er jetzt sogar Schadenersatz von den Urhebern der Hasspostings im Vorfeld seiner Berichterstattung wie auch für die Hasspostings nach seiner „Verurteilung“ fordern.

Täter-Opfer-Umkehr

Das wäre dann eine Art Opferumkehr, die durchaus möglich ist und auch Aussicht auf Erfolg hat, wie jetzt ein ganz anderer Fall aus Deutschland zeigt. Dort hat ein Radfahrer im Naturpark Hohe Venne in der Eiffel ein 5-jähriges Mädchen von hinten angefahren, das mit seinen Eltern gerade spazieren war.

Der Vater hatte zufälligerweise gerade gefilmt und die Umfahr-Szene ins Internet gestellt. Daraufhin klagte der Radfahrer den Vater des Kindes wegen Rufschädigung und Verletzung der Privatsphäre. Das Gericht gab ihm Recht und nun verlangt der Radler vom Vater des angefahrenen Kindes 4500 Euro Schadenersatz.

Wegen des Umfahrens der Fünfjährigen wurde der Radler übrigens freigesprochen, weil dies – so das Gerichtserkenntnis – nicht mit Absicht geschah. Könnte dies nun zu einem Freibrief für alle Autofahrer werden, die Fußgänger nur versehentlich über den Haufen fahren?

Zum Autor: Kurt Guggenbichler war Mitbegründer und Chefredakteur des „Wochenblick“. Sein journalistisches Handwerk hat er bei der „Goslarschen Zeitung“ in Norddeutschland erlernt, wo er acht Jahre lang als Redakteur, Reporter und Kolumnist tätig war. Wieder zurück in seiner Heimat, arbeitete Guggenbichler in der Funktion eines Ressortleiters dann 25 Jahre lang für die „Oberösterreichischen Nachrichten“. Zum „Wochenblick“ wechselte er einige Zeit nach seiner Tätigkeit als Chefredakteur der Tageszeitung „Oberösterreichs Neue“ und für AUF1-Info ist Guggenbichler nun als Nachrichten-Redakteur, Kommentator und Reporter im Einsatz.

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